E-Scooter im Test: Gefahrenquelle oder Mobilität der Zukunft?

Skateboard Kritik in der Tagesschau von 1977

Geschichte wiederholt sich nicht, sondern reimt sich. Schon 1977 wurde in der Tagesschau vor „gefährlichen Rollbrettern“ gewarnt und ähnlich schreckhafte Reaktionen scheint auch heute das vermehrte Aufkommen von Elektro Tretrollern in Deutschlands Großstädten hervorzurufen.

Doch was ist dran an der vermeintlichen Gefahr von E-Scootern? Was kostet die Miete und lohnt es sich einen E-Roller zu nutzen?

E-Scooter Anbieter auf dem Vormarsch

Seit einigen Monaten prägen neben Leihrädern auch elektrische Roller zur Miete das Stadtbild von Berlin und anderen Städten Deutschlands. Anbieter wie Tier, Circ oder Lime machen E-Scooter mieten kinderleicht und versprechen eine neue Ära der Mobilität.

Und in der Tat sind die Flitzer mit Elektroantrieb ein wertvoller Zuwachs im Spektrum urbaner Mobilität und ein wichtiger Schritt hin zur verkehrsberuhigten Stadt: Pendler lassen das Auto mal zu Hause stehen, der ÖPNV wird entlastet, Lärm & Luftverschmutzung nehmen ab. Selbstverständlich können E-Roller nicht allein die Welt bewegen, aber sie leisten ihren Beitrag im Mobilitätsmix.

E-Scooter Voi in Kreuzberg vor Graffitti Hauswand
E-Scooter Anbieter Voi in Berlin Kreuzberg.

E-Scooter Anbieter in Deutschland

  • Circ
  • Lime
  • Tier
  • Voi

E-Scooter im Test: So funktioniert die Miete

Das Ausleihen eines E-Rollers ist denkbar einfach:

  1. Installation der App des Anbieters auf dem Smartphone
  2. Registrierung und Hinterlegung der gewünschten Zahlungsmethode (meist Kreditkarte oder PayPal). Achtung: Bei einigen Anbietern fällt eine einmalige Registrierungsgebühr von 10 € an.
  3. QR Code am E-Roller scannen, die Anmietung bestätigen und losfahren

Das Fahrgefühl ist bei allen E-Scootern sehr ähnlich. Nach kurzem Anschieben mit dem Fuß lässt sich der Elektroroller über einen kleinen Hebel am Lenker dosiert einsetzen. Die Elektroroller sind auf maximal 20 km/h gedrosselt. Aus Sicherheitsgründen ist das durchaus sinnvoll, doch es kommt schnell das Gefühl auf, dass selbst ein schneller Jogger früher am Ziel ankommen könnte. Der Vergleich ist natürlich überzogen, doch spätestens, wenn die ersten Radfahrer überholen, wird klar, dass man insbesondere als E-Roller Fahrer in Rücksicht und Geduld geübt sein sollte.

E-Scooter Kosten: ein relativ teures Vergnügen

Im Gegensatz zu den Anbietern von Leihfahrrädern ist die Preisstruktur bei E-Scootern einheitlich geregelt. Egal ob Lime Scooter, ein E-Roller von Circ oder ein Elektroroller von Tier oder Voi:

  • Das Entsperren des Rollers kostet 1€
  • Jede Fahrminute kostet 0,15€

 

E-Roller von Lime vor Hotel in Berlin Friedrichshain
Abbildung 2: E-Roller vom Anbieter Lime in Berlin Friedrichshain.

Eine solche Kostentransparenz macht auf den ersten Blick einen positiven Eindruck, kennt man doch von anderen Mobilitäts-Sharing Anbietern mitunter sehr undurchsichtige Preisstrukturen, in denen teilweise nach Tageszeit und unterschiedlich gestaffelten Fahrzeiten abgerechnet wird.

Beim zweiten Hinsehen fällt allerdings auf, dass E-Roller fahren keinesfalls günstig ist. Je nach Distanz müssen sich die Elektro Cityroller sogar mit Taxipreisen messen lassen. Ein gängiges Rechenbeispiel aus Berlin:

  • Strecke: 4,5 Kilometer vom Prenzlauer Berg zur Warschauer Straße
  • Fahrzeit: 23 Minuten + ca. 5 Minuten Ampelwartezeiten
  • E-Roller Gesamtmietkosten: 4,20 € für die Fahrt + 1 € Entsperrungsgebühr = 5,20 €

Kosten der gleichen Strecke mit anderen Transportmitteln:

  • ÖPNV: 2,80 €
  • Nextbike: 1,50 €
  • Uber Jump E-Bike: 4,45 €
  • BerlKönig Ridesharing-Service ca. 7€
  • Car2Go im Smart: 5,30 €

 

Infografik: E-Scooter im Preisvergleich mit alternativen Verkehrsmitteln
Abbildung 3: E-Scooter Kosten im Preisvergleich mit alternativen Verkehrsmitteln.

 

E-Scooter Kritik: Unfälle sind unausweichlich, doch es fehlt an Perspektive

Die eingangs erwähnte „Gefahrenquelle E-Roller“ ist ein verfrühtes Urteil. Da die Roller erst seit einigen Monaten auf den deutschen Radwegen unterwegs sind, gibt es noch kaum aussagekräftige Statistiken. Dennoch: Wie bei jeder Einführung grundlegend neuer Verkehrsmittel verwundert es kaum, dass Unfälle vorprogrammiert sind – gerade auch vor dem Hintergrund der ohnehin schon bestehenden Verkehrsrisiken.

Da E-Roller Fahrer nur selten einen Helm tragen, häufig ungeübt sind und der Roller selbst weniger robust konstruiert ist als ein Fahrrad, bleiben Verkehrsunfälle also auch bei diesem Verkehrsmittel nicht aus. Es gilt also Rücksicht und Vorsicht in den Mittelpunkt zu rücken.

Was den Diskurs um die E-Roller grundsätzlich (leider) auszeichnet ist der einseitige Blick auf die Unfallgefahren, ohne darüber zu reflektieren, was die eigentliche Hauptursache dieser Unfallgefahr ist: das Auto. Der Deutschen liebstes Kind ist nach wie vor unangefochten Haupt-Unfallverursacher im Straßenverkehr. Wenn über das Thema E-Roller und Unfallrisiken gesprochen wird, muss also auch grundsätzlich über Verkehrspolitik und Stadtplanung und die Stellung des Autos in unserer Gesellschaft gesprochen werden.

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